Geschichte eines
"schwieriges Pferd"
Eine große Stärke von mir
Vorwort der Besitzer:
Das Pferd kam ein Jahr, bevor wir Waltraud kennen lernten, zu uns. Es befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer sehr schlechten Verfassung. Ergänzend zur medizinischen Behandlung durch den Tierarzt, unterstützten wir ihn langfristig mit alternativen Methoden. Darüber hinaus war der wichtigste Punkt, eine gesunde Umgebung für das Pferd zu schaffen, um das Vertrauen, was es gänzlich verloren hatte, wieder aufbauen zu können. Feste Tagesabläufe, angelehnt an einen ganzjährigen Rhythmus (tagsüber Paddock/Wiese, nachts Box), ebneten uns den Weg langsam ein Stück weit das Vertrauen wieder herzustellen. Denn noch blieben einige Verhaltensmuster, die von uns noch gänzlich verstanden werden wollen.
So lernte ich Ihn Anfang Juli 2021 kennen:
Ausgangssituation:
- kaum Annähern möglich
- beißt in das Halfter, Stricke, Menschen, Hände ……..
- Hufe auskratzen: mit Gummirarmen um Abstand halten zu können
- anfassen oder putzen oftmals nicht möglich
- Führen schwierig
Geht nicht, gibt es nicht.
Es bedarf anderer Wege und das ist Möglich, wie das Beispiel dieses Pferdes zeigt.
In Alles wird reingebissen:
auch in mich, meine Jacke, meine Hände …….
Was teilweise lustig anschaut, ist oft nicht ungefährlich. Zunächst geht die Arbeit mit blauen Flecken für mich einher.
Er öffnet alleine seine Boxentüre und die üblichen Anbindeknoten. In diesen, von uns unerwünschten Verhaltensweisen eines Pferdes zeigt sich, dass er intelligent, geistig regsam und kreativ ist und neue Beschäftigung braucht. Das heißt, ich biete Ihm abwechslungsreicher Beschäftigungen an.
Charakterlich würde ich Ihn, als Mischung aus „König“ und „Kind“ beschreiben. Er zeigt sich nach Außen bißig, wehrhaft und unnahbar ( sicher auf Grund seiner Erfahrungen ), ist in seinem Kern: hochsensibel, sehr empfindsam und sucht die Nähe.
Deutlich zeigt er, dass Druck jeglicher Art, und dazu zählt auch die Gerte, nicht toleriert.
Für jegliche Arbeit mit Ihm gilt: liebevolle unendliche Geduld gepaart mit einer in sich ruhenden Gelassenheit und dem genauen Wissen was ich tue.
Mein Ziel ist es zunächst Vertrauen aufzubauen und für Entspannung zu sorgen. Wichtig dabei ist:
Ich lasse Ihm die Wahl mit mir zusammen zu sein oder weg gehen zu können. Ideal hierfür ist der Paddock. Hier kann er sich frei bewegen. Ich beginne einzelne Bereiche mit der Masterson Methode zu entspannen, was Ihn verwundert zurücktreten lässt, um danach immer wieder neu zu mir kommen.
In der Physioarbeit zeigen sich grundsätzlich 3 Problemzonen am Pferd: das Genick, der Schulter-Hals-Bereich und der Rücken bzw. die Hinterhand.
Dieses Bereiche zeigt auch er an: das ständige beißen hat eine verspannte Kaumuskulatur zur Folge, die Anspannung zieht sich weiter durch den Körper über die Faszialen-Strukturen. An den Vorderfußwurzelgelenken (Carpalgelenken) sind Überbeine, folglich wird die Schultermuskulatur sich verspannen. Ein Aufheben der Hinterhufe ist nur mit Abwehrreaktion möglich. Den Rücken drückt er bei Berührung nach unten weg. Die Überprüfung des Sattels, zeigt eine Brückenbildung in der Polsterung und einen erheblichen Druck in den Rücken. Das Reiten wird darauf hin eingestellt.
Zunächst ist eine aufwärmende Laufarbeit nötig, die auch alle Facetten seines Charakters enthält:
Da eine klassische Phyisoarbeit am Pferd nicht möglich ist, gehe ich einen anderen Weg.
Um das gesamte Pferd zu entspannen, erarbeite ich mit Ihm Dehnübungen.
Der Körperlichen Entspannung kann dann eine seelische Entspannung folgen.
Gleichzeitig baue ich Vertrauen auf, fördere die Lernfähigkeit, Geschicklichkeit, Balance und das Pferd lernt mir zu zuhören.
Nach lösender, freier, aufwärmender Laufarbeit, beginne ich das Strecken und Dehnen der Vorderbeine. In kleinen Schritten erarbeiten wir zusammen die Übung - bis er eines Tages, sie von sich aus einfordert.
Als nächstes üben wir das Rückwärts, dass eine Aufwölben des Rückens und abknicken der Hüfte erforderlich macht. Step by Step und Variantenvoll: frei, über 1 und später 2 Stangen und am Berg.
Dann führe ich das Podest ein. Zunächst lasse ich Ihn es untersuchen. Es stärkt die Kraft der Vorderhand, da stützen und stemmen erforderlich ist, übt Balancieren, Einschätzen, Koordination und die Verlagerung des Körperschwerpunktes. Er wird so süchtig nach dieser Arbeit, dass ich für das Absteigen belohne und nicht mehr das Aufsteigen.
Zufriedenheit, Wohlbehagen und Stolz sind deutlich zu sehen
Neben der Physiotherapeutischen Arbeit ist es zwingend notwendig am Respektvollen-Verhalten zu arbeiten. Wir üben das „freies Stillstehen“, das „weichen“ der Hinterhand von mir auf Handzeichen. Aufhalftern ohne in das Halfter zu beißen und den Kopf hoch zu reißen, Strick anlegen bei entspannter Kopfhaltung und Strick locker hängen zu lassen, Führtraining, Training der Hufe aufnehmen und auszukratzen, Höflichkeitstraining, den „Hof“ des Menschen zu respektieren und dem Menschen zu zuhören.
Für diese Verhaltens-Arbeit habe ich das Clicker-Training eingeführt. Die kleinen wenigen positiven Ansätze werden erweitert und ausgebaut. Ziel ist es Ihm richtiges Verhalten leicht zu machen und motivierend zu belohnen und das falsche Verhalten schwer zu machen oder die Zusammenarbeit zu unterbrechen. Klare Ansagen und Korrekturen in ruhiger - aber bestimmter Art sind notwendig, verbunden mit einer anhaltenden endlosen Geduld. Es dauert solange wie es dauert - bis es klappt.
Des Weitern setzte ich reinste ätherisch Öle ein. Ätherische Öle gewonnen aus Kräutern, Bäume oder Pflanzen wirken viel stärker als jede der Pflanzen selbst und gehen direkt in das Lymbische-System. Sie sind in der Lage Traumata und emotionale Spannungen zu lösen. Er reagiert sehr gut auf die Öle. Ich biete Ihm ein ätherisches Öl an, in dem ich die Flasche vor ihn halte, damit er aus der offenen Flasche riechen kann. Er zeigt mir eindeutig, dass er das Öl haben will und daher auch für seine emotionale und physische Gesundheit braucht. Er flehmt dann, wittert den Duft und teilt mir mit: er hat das Öl für gut befunden. Dann leckt er das Öl begeistert von meiner Hand.
Erfolge zeigen sich:
- Der Schmied ist begeistert von den positiven Veränderungen die er bei seiner Arbeit bemerkt.
- Die erarbeiteten physiktherapeutischen Übung macht er gerne und erfolgreich mit.
- Das Verhalten am Anbindeplatz wird entspannter.
- Das Aufhalftern klappt.
- Das Führen kann nun neue erarbeitet werden.
Entspanntes Stehen - ohne den Versuch in den Strick zu beissen
Stand: Dezember 2021